In vielen mitgliederbasierten Nonprofitorganisationen (NPO) wie Verbänden und Genossenschaften installiert die General- bzw. Delegiertenversammlung Geschäftsprüfungskommissionen (GPK). Diese werden von den Mitgliedern beauftragt, Bericht über die Einhaltung der normativen Grundlagendokumente und der Beschlüsse durch Vorstand, Kommissionen, Ausschüsse sowie durch die operativen Einheiten zu erstatten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Vorgaben und Regelungen innerhalb der Organisation eingehalten werden und dient u.a. der Vertrauensbildung.
Basierend auf dem Freiburger Management Modell für NPO und Erfahrungswerten aus über 35 Jahren NPO-Management und -beratung empfehlen wir folgende Kriterien bei der Prüfung zu berücksichtigen.
- Gegenstand der Prüfung ist die Rechtmässigkeit.
Die GPK überprüft, ob die Entscheide und Massnahmen der beaufsichtigten Organe im Einklang stehen mit den übergeordneten Reglementen und Vorgaben (Statuten, Geschäftsordnung, Reglemente und Weisungen sowie Beschlüsse der General- bzw. Delegiertenversammlung) und den für die Schweiz verbindlichen nationalen und internationalen Rechtsvorschriften. Im Kern geht es also nicht darum, Entscheide inhaltlich zu hinterfragen. Dabei ergänzt die GPK die (externe) Revisionsstelle, die denselben Auftrag für die finanzielle Seite der NPO hat.
- Die Prüfung erfolgt nachträglich.
Vorstand und GPK sind beides von Mitgliedern gewählte «Ausschüsse» aus der Basis und deshalb beide gegenüber der Generalversammlung (GV) bzw. der Delegiertenversammlung (DV) rechenschaftspflichtig. Sie haben jedoch einen grundsätzlich anderen Auftrag: Der Vorstand ist beauftragt, die NPO durch wirksame Strategien in die Zukunft zu führen; Die GPK ist beauftragt zu überprüfen, ob sich der Vorstand und die umsetzenden Organe dabei an die übergeordneten Reglemente hält. Die nachträgliche Prüfung gewährleistet, dass die GPK nicht strategisch Einfluss nimmt und zu einem so genannten «Schattenvorstand» wird. Ein Nachteil der nachträglichen Prüfung ist sicherlich, dass «Fehler» im Sinne von Abweichungen von Statuten, Reglementen und Beschlüssen geschehen können. Dies bedingt eine Fehlerkultur, die ebensolche toleriert und die nachträgliche Prüfung als konstruktiven Erkenntnisgewinn sowie als Lern- und Entwicklungschance wertet.
- Die Prüfung erfolgt strukturiert.
Eine professionelle Arbeit der GPK zeichnet sich durch Strukturiertheit aus. Dabei wird die ordentliche geplante Prüfung von der ereignisbezogenen Prüfung unterschieden. Für Ersteres wird empfohlen, dass die GPK gegen Jahresende ein Jahresprogramm beschliesst und dieses den strategischen und operativen Gremien kommuniziert. Es enthält die Themen und Dossiers, mit denen sie sich im Laufe des betreffenden Jahres befassen will sowie die Prüfungsformen, z.B. Dokumentenanalysen oder Befragungen. Im Laufe des Jahres können insbesondere aufgrund aktueller Geschehnisse zusätzliche Dossiers hinzukommen (ereignisbezogene Prüfung). Dies bedingt jedoch eine ausserordentliche Relevanz.
- Die Prüfung ist verhältnismässig.
So wie alle Organe einer NPO ist auch die GPK angehalten, effizient und effektiv zu arbeiten. Wie umfassend die Prüfung sein soll und wie viele Kosten dafür aufgewendet werden, muss die GV bzw. DV ihrer GPK z.B. in einem Reglement oder im Budgetprozess vorgeben. Dabei ist jedoch nicht nur das Budget für externe Aufwände gemeint, sondern auch der Umfang der Arbeitsstunden, welche durch die Mitarbeitenden der NPO sowie durch Vorstands- und Kommissionsmitglieder geleistet werden sollen, um der GPK Red und Antwort zu stehen.
- Die Empfehlungen der GPK sind zurückhaltend.
Die GPK hat keinen strategischen oder operativen Auftrag. Sie kann Entscheide des Vorstands, von Kommissionen und Ausschüssen und der operativen Einheiten aufgrund der Gewaltenteilung weder ändern noch aufheben. Sie beschränkt sich deshalb darauf, Empfehlungen abzugeben. Diese lassen, wenn immer möglich, dem Vorstand, den Kommissionen und der Geschäftsstelle einen Ermessensspielraum bei der Festlegung der für die Umsetzung dieser Empfehlungen sinnvollen Massnahmen.
Neben der Art und Weise der Prüfung kommt der Rechenschaftslegung und der Berichterstattung seitens GPK eine hohe Bedeutung zu. Diese soll unabhängig sein und gleichwohl im Einklang mit der Kommunikationsstrategie der NPO stehen. Insbesondere im Konfliktfall bzw. wenn die GPK Abweichungen feststellt, ist eine sorgfältige Kommunikation ein Muss. Die NPO soll davon erfahren und sich weiterentwickeln, aber gleichzeitig muss eine unbeabsichtigte Aussenwirkung (z.B. ein Reputationsschaden) vermieden werden[1]. Wir empfehlen nachfolgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Die Berichterstattung ist transparent und nachvollziehbar.
Damit die Befunde einer GPK von einer GV bzw. DV nachvollzogen werden können, ist es wichtig, dass das gewählte Vorgehen aufgezeigt wird. Zur Berichterstattung gehört deshalb zwingend die Darlegung des eigenen Vorgehens und der gewählten Methoden.
- Die Berichterstattung ist ausgewogen.
Die GPK erfüllt den Auftrag, die Rechtmässigkeit zu prüfen. Nun zeigt sich dies häufig in defizitorientierter Form, d.h. es wird nach «Fehlern» gesucht. So wichtig und richtig dies ist; die Bestätigung der «Korrektheit» darf dabei nicht vergessen gehen. Die GPK soll in ihrer Berichterstattung auch darlegen, was alles korrekt und gut läuft und so das Vertrauen innerhalb der NPO stärken.
- Die Berichterstattung ist substanziell.
Die GPK hat einerseits einen klar definierten «Prüfauftrag». Es ist zwingend, dass sie ihre Befunde dazu stets in ihrem Bericht darlegt. Gerade wenn über mehrere Jahre hinweg keine Auffälligkeiten und Abweichungen festzustellen sind, besteht jedoch manchmal die Tendenz, «nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen». Deshalb ist es wichtig, dass die GPK bei der Berichterstattung an die GV bzw. der DV ihre Befunde klar einordnet: Wurden Statuten und Reglemente beispielsweise systematisch oder regelmässig missachtet oder liegt ein einmaliger Vorfall vor? Wie relevant ist ein Vorfall beispielsweise einer Kommission im Vergleich zur Funktionsweise der gesamten Organisation?
- Die Berichterstattung erfolgt stufengerecht.
Die Berichterstattung der GPK dient der Rechenschaftslegung zu Handen der GV bzw. der DV. Doch schnell kann ein Bericht eine ungewünschte Aussenwirkung entfalten, denn sobald Beanstandungen vorliegen und diese öffentlich gemacht werden, ist die Reputation der NPO möglicherweise gefährdet. Oftmals liegt dies nicht in der Absicht einer GPK, denn eine öffentliche Bühne hemmt möglicherweise sogar das organisationale Lernen und Entwickeln. Deshalb empfiehlt es sich, die Berichterstattung stufengerecht vorzunehmen. Ähnlich wie es Revisionsgesellschaften pflegen, bewährt sich in einer ersten Stufe den direkt betroffenen Gremien – namentlich dem Vorstand – zu berichten. Ein erläuterndes Gespräch, dessen wichtigste Punkte protokolliert werden, ist zu empfehlen. In einer zweiten Stufe wird der Bericht an die GV bzw. die DV gelegt. Dieser Bericht gilt es auf mögliche «unerwünschte Nebenwirkungen» zu redigieren.
Geschäftsprüfungskommissionen sind für manche NPO wichtige Instanzen, die zum Vertrauen und der stetigen Verbesserung beitragen. Je besser und konstruktiver das Zusammenspiel zwischen ihnen und den Vorständen ist, desto deutlicher ergibt sich ein Mehrwert für die Mitglieder.
[1] Selbstverständlich gibt es Fälle, bei denen die Transparenz auch gegenüber weiteren Kreisen wie beispielsweise der öffentlichen Hand oder Spenderinnen und Spendern gewährt werden muss. Dies verlangt jedoch umso mehr eine koordinierte Kommunikation der NPO und liegt nicht im Aufgabenbereich einer GPK.