Ein Einblick in die Welt agiler Arbeitsformen
Ein Topsharing kann Innovation sowie Produktivität einer Organisation steigern und auf aktuelle Herausforderungen (Fachkräftemangel, «VUCA-Welt») positive Antworten geben. Ein Wundermittel also? Ja und Nein. Wir bei der B’VM wissen, dass die Anforderungen an eine erfolgreiche, geteilte Führung sehr hoch sind. Gleichzeitig ist der Output von gut funktionierenden Führungstandems sehr gross, sowohl für die Organisation wie auch für das Tandem selber. Bei der B’VM leben wir das Topsharing in unseren Verbänden und begleiten Führungstandems in ihrem Arbeitsalltag.
Worum geht es beim Topsharing?
In einem Topsharing-Modell teilen sich zwei Führungspersonen oder Expert:innen eine Leitungsposition und erledigen voneinander abhängige Aufgaben. Sie teilen sich die Gesamtverantwortung, in Teilzeit oder in Vollzeit. Die Aufteilung der Aufgaben erfolgt oft informell auf der Basis der unterschiedlichen Stärken, Erfahrungen und Kompetenzen. Das Leitungstandem arbeitet auf der gleichen Hierarchiestufe. Hier liegt auch der grösste Unterschied zu einer Stellvertreterregelung, bei der die Entscheidungskompetenzen unterschiedlich sind.
Teilzeit ist das neue Vollzeit
Der Wunsch nach Teilzeitarbeit nimmt zu. Das kann unabhängig vom Geschlecht beobachtet werden und gilt insbesondere für die jüngste Generation («Generation Z»). Im Jahr 2022 arbeiteten in der Schweiz rund 38 % aller Arbeitnehmenden in einem Teilzeitpensum. Im jetzigen Arbeitnehmermarkt, der stark vom Fachkräftemangel geprägt wird, erhöht das Anbieten von Teilzeitstellen die Arbeitgeberattraktivität einer Organisation. Topsharing ermöglicht die optimale Umsetzung des persönlichen Lebensmodells, ohne Verzicht auf eine Position, die den eigenen Fähigkeiten und der Berufserfahrung entspricht.
Warum ein Topsharingmodell?
Die Arbeit in einem Topsharing bietet verschiedene Vorteile, sowohl für die Co-Führung wie auch für die Organisation und deren Kund:innen, Mitglieder oder Klient:innen.
- Steigerung der Motivation von qualifizierten Arbeitnehmenden
- Erhöhte Mitarbeitendenbindung und stärkere Loyalität gegenüber der Organisation
- Erhaltung des Wissens für die Organisation
- Bessere Aufstiegsmöglichkeiten, unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation
- Transfer der Berufserfahrung auch auf jüngere Arbeitnehmende durch ein intergenerationelles Topsharing
- Steigerung der Produktivität dank kontinuierlicher Arbeit auch während Ausfällen, z. B. durch Ferien oder Krankheit
- Wettbewerbsvorteil dank höherer Arbeitgeberattraktivität
- Ausgewogenere Entscheidungen und innovative Lösungen durch das Zusammenkommen verschiedener Kompetenzen und Erfahrungen
- Höhere Diversität innerhalb der Organisation.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Topsharing
Die Einführung eines Topsharings ist kein Selbstläufer. Eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen ist die Bereitschaft der obersten Führungsebene, das Modell zu fördern und den nötigen Koordinationsaufwand in Kauf zu nehmen. Menschen, die in einem Topsharing arbeiten wollen, verfügen idealerweise über eine hohe Kommunikationsfähigkeit und Dialogbereitschaft. Sie sind zuverlässig, besitzen eine grosse Eigenverantwortung, haben sehr grosses Vertrauen in den/die Führungspartner:in. Sie sind bereit, Wissen sowie Entscheidungskomptenzen zu teilen. Der Erfolg eines Topsharings ist zu einem grossen Teil von den Personen abhängig, die es praktizieren. Fachlich wie auch menschlich braucht es für das Führungstandem eine sehr grosse Passung. Hinzu kommt, dass die Arbeitsorganisation und die Austauschgefässe adäquat gewählt werden sollen und die Aufgaben sowie Verantwortlichkeiten auch für die Mitarbeiter:innen sehr klar nachvollziehbar sind.
Fazit
Topsharing gehört zu den agilen Arbeitsformen. Es kann für die Organisation eine Möglichkeit sein, sich im Wettbewerb um Talente vorteilhafter zu positionieren und gut ausgebildete Interessent:innen gerade auch für Führungspositionen anzusprechen. Viele Topsharer:innen schätzen den Austausch im Tandem, das gemeinsame Tragen der Verantwortung und die sich gegenseitig ergänzenden Kompetenzen. Ein Topsharing löst jedoch nicht alle Probleme und kann auch nicht alle Herausforderungen auffangen. Es gibt Persönlichkeiten, die nicht in einem solchen Modell arbeiten wollen oder können. Und es gibt Menschen, die fachlich oder menschlich für diese enge Zusammenarbeit schlicht zu wenig gut miteinander funktionieren. Wir empfehlen, bereits von Anfang an eine Exit-Strategie festzulegen, die bei auftretenden Schwierigkeiten Klarheit vermittelt und die Richtung weist. Immer mehr Organisationen sind bereit, das Modell auszuprobieren. Wir meinen: Klar, let’s go!
Claudia Galli
Antonella Rossi Harbus