Menschen haben Bedürfnisse, die sie mit Hilfe von Verbänden befriedigen wollen, deshalb werden sie Mitglied. Um Mitgliedergewinnung und -bindung auf das nächste Level zu bringen, sollten Verbände auch die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen gut kennen.
Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden sind komplexe Produkte. Mitglieder haben in der Regel Zugang zu einem umfangreichen und komplexen Warenkorb und bezahlen dafür einen Preis. Meist handelt es sich dabei um ein breites Spektrum an Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von Interessenvertretung, Versicherungen, Beratung, Information, Netzwerk oder den Zugriff auf die Infrastruktur eines Verbands oder Vereins.
Die Herausforderung ist dabei für alle Vereine und Verbände gleich: es sollen hinreichend attraktive Anreize geschaffen werden, damit Mitglieder dem Verband beitreten (Gewinnung), im Verband bleiben (Bindung) und Interessierte zur Übernahme von Ehrenämtern motiviert werden.
Um dies auf der Grundlage von validen Daten tun zu können, führen viele Verbände Befragungen bei Mitgliedern und Zielgruppen für die Mitgliedschaft durch. Die Methoden unterscheiden sich und hängen vom jeweiligen Kontext ab. In der Regel geht es dabei um Zufriedenheit mit und die Relevanz von konkreten Leistungen und Inhalten. Oft werden auch Fragen nach der Bindung an den Verband oder Verein gestellt. Auf der Grundlage der Rückmeldungen werden Schwerpunkte gesetzt und die Prioritäten für die weitere Verbandsarbeit bei Bedarf angepasst. So weit so gut.
Bei diesem Ansatz gehen wir stillschweigend davon aus, dass Mitglieder als weitgehend rationale Wesen über Eintritt und Verbleib in Verbänden und Vereinen entscheiden. Zufriedenheit und Bindung ist demnach ein Ergebnis guter Dienstleistungen und zufriedener Mitglieder. Dabei wissen wir, dass diese Annahme eine starke Vereinfachung ist. Bei vertiefenden Analysen von Befragungen stellen wir regelmäßig fest, dass die Zufriedenheit mit konkreten Leistungen keine sehr ausgeprägte Treiberwirkung für ein positives Bild von der Mitgliedschaft hat.
An dieser Stelle kommt der „Member Value“ ins Spiel. Das Konzept basiert auf klassischen Ansätzen der Motivationsforschung. Im „Member Value“ werden insgesamt 12 Dimensionen von Bedürfnissen benannt. Mitglieder haben von ihren Verbänden positive Bilder, wenn sie bezogen auf diese Bedürfnisse ein in Summe positives Nutzenerlebnis haben. Über diese Bedürfnisse ihrer Mitglieder wissen Verbände in der Regel aber wenig. Es ist wie bei einem Eisberg: über der Wasseroberfläche ist sichtbar, was Mitglieder im Verband tun. Nicht ohne weiteres erkennbar ist, welche konkreten Bedürfnisse einzelne Mitglieder damit befriedigen.
Ein gutes Verständnis der Bedürfnisse unter der Wasseroberfläche hilft Verbänden bei zwei Herausforderungen:
- Sie können ihr Leistungsspektrum daraufhin überprüfen, ob es wichtige Bedürfnisse ihrer Zielgruppen anspricht. Nach unserer Erfahrung sind wenige, auf klare Bedürfnisse fokussierte Verbandsleistungen vorteilhafter als ein unübersichtlicher Bauchladen.
- Sie können in der Kommunikation darauf achten, dass relevante Bedürfnisse angesprochen werden und so einen zielgerichteten emotionalen „Spin“ in ihre Kommunikation integrieren. Viele Verbände versuchen dies, meist handelt es sich dabei aber um Selbstbeschreibungen, die nicht auf Daten über die Einstellungen von Mitgliedern basieren.
Das VMI und wir selbst haben in der Vergangenheit in verschiedenen Befragungen die 12 Dimensionen des Member Value erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass es zum Teil deutlich unterschiedliche Ausprägungen zwischen Verbänden gibt. Es ist allerdings nicht leicht, die Kommunikation von Verbänden auf 12 Dimensionen auszurichten. Das ist bei den Mitgliedertypen anders. Hierbei handelt es sich um ein vereinfachtes Modell. Diesen Clustern können Anreize gut zugeordnet werden und auch eine emotional ausgerichtete Kommunikation ist gut möglich.
Wir bieten unseren Kunden bei Befragungen von Mitgliedern und auch von Zielgruppen für die Mitgliederwerbung ein Set von Fragen an, mit dem die Wichtigkeit der verschiedenen Bedürfnisse quantitativ erfasst und vertieft ausgewertet werden kann. Wir erheben, ob es bei den befragten Zielgruppen klar erkennbare Schwerpunkte von Bedürfnissen gibt, oder nicht. In der Folge kann das Leistungsspektrum und die Mitgliederkommunikation in ihrer Passung überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Wir machen die Erfahrung, dass in vielen Verbänden aktive Mitglieder von sich auf andere schließen, was zu Fehleinschätzungen führt. Materielle und Machtbedürfnisse werden leicht überschätzt. Oft spielen in Verbänden Werte (ideeller Typ) und der Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung (Entwicklungstyp) ebenfalls eine wichtige Rolle.
Der klare Nutzen für die Verbandsentwicklung: Packen Sie ihre Mitglieder und Zielgruppen auch bei ihren grundlegenden Bedürfnissen. Aus der Verhaltensökonomie wissen wir, dass Entscheidungen von Menschen sehr oft nicht nach rationalen Kriterien getroffen werden. Erfahren Sie, wie ihre Mitglieder wirklich „ticken“ und nutzen Sie dieses Wissen für die Weiterentwicklung ihrer Angebote und für eine starke Kommunikation.
Wenn Sie mehr über Member Value erfahren wollen, empfehle ich Ihnen folgende Beiträge des VMI (Institut für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagement) zu Grundlagen (hier), zu Forschungsergebnissen für einem Wirtschaftsverband (hier) und zur Bedeutung für einen föderal strukturierten Verband (hier).
Gerne stehen wir Ihnen mit unseren Erfahrungen zu einem unverbindlichen Austausch zur Verfügung.